Rechtsstaat nach wechselnder (finanz-)politischer Neigung der Regierenden?

 

Aus dem Text:
„…. Es wächst die Entschlossenheit, die Güte des Justizsystems vorwiegend oder ausschließlich an ökonomischen Parametern zu bemessen: Menge pro Zeit. Das ist ein Begriff von Effizienz, der mit den Aufgaben der Justiz nur am Rande zu tun hat und der deshalb, sollte er sich als zentral durchsetzen, zu verzerrter Wahrnehmung und verheerenden Fehlurteilen führen wird ….“
Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Winfried Hassemer
Für eine Reform der Dritten Gewalt

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Aus dem Text:
„…. Im Zentrum justizpolitischen Denkens steht die schnelle Verfahrenserledigung. Sie wird zum Maß der Dinge und beeinflusst zunehmend die Arbeitsweise der Rechtspfleger, Staatsanwälte und Richter, die schon lange zu Fließbandarbeitern geworden sind. Nur die Erledigung zählt. Auf ihre Qualität und darauf, ob sie endgültig ist, kommt es grundsätzlich nicht an. Erledigungen sind quantitativ messbar. ….“
Elisabeth Dittrich, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Gerichtliche Tätigkeit zwischen Ethik und Fallerledigungszahlen – ein Zwiespalt?

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Aus dem Text:
„….Eine Justizverwaltung, die Richter unter Zeitdruck setzt, dient nicht der Qualität der Rechtsprechung und dient nicht dem Interesse der Bürger, die auf Gerichte angewiesen sind….“
Richter am Oberlandesgericht Thomas Schulte-Kellinghaus
Erledigungsdruck – Das Ende von Gesetzesbindung und richterlicher Unabhängigkeit

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Aus dem Text:
„…. Die notwendige Zeit für die Fallbearbeitung wird den Richterinnen und Richtern nicht gewährt, weil sowohl Verwaltung als auch Gesetzgebung systematisch darauf abzielen, die Qualität richterlicher Arbeit unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen. Dies, obwohl die Justizhaushalte die mit Abstand kleinsten Haushalte darstellen. Sie liegen regelmäßig zwischen 1 % und 3 % bei Bund und Ländern. Pro Einwohner ergibt das einen Betrag von etwa fünf Euro. Mehr als eine (schlechte) Pizza ist dem Gesetzgeber die Justiz nicht wert ….“
Wolfgang Nešković, MdB, Richter am BGH a.D.
sine spe ac metu
Verfassungsrechtliche Fragen zur Selbstverwaltung der Justiz

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Das Bundesverfassungsgericht:
„Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass das gegenwärtige System der Bewertung richterlicher Arbeit nicht unwesentlich nach quantitativen Gesichtspunkten erfolgt und hierdurch zusätzliche Anreize für eine möglichst rasche Verfahrenserledigung auch unter Inkaufnahme inhaltlicher Defizite schafft (vgl. BVerfGE 133, 168 <172 Rn. 3>). Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht – jedenfalls für die Strafjustiz – festgestellt, dass die Länder steigenden Belastungen nicht durch eine entsprechende personelle und sachliche Ausstattung Rechnung getragen haben (vgl. BVerfGE 133, 168 <172 Rn. 3>)“
Ein Versagen der Bundesländer?

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Aus dem Text:

„…. Eine Amtsermittlung findet grundsätzlich nur statt, wenn sie geboten ist. Im Übrigen gilt der Grundsatz: ‚Was man dem Richter nicht klagt, soll er nicht richten‘ ….“
Demontage des Verwaltungsrechtsschutzes durch Gerichtspräsidenten?
Wortlaut der Standards der Präsidentin und der Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte / Verwaltungsgerichtshöfe und des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2005

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Aus dem Text:

„…. Der durch das Grundgesetz beschriebene Staat hat sich ebenso wie ein Parlament und eine Regierung auch eine unabhängige rechtsprechende Gewalt einfach zu leisten. Personen, denen wenig bis nichts an der Qualität der Rechtsprechung, aus Kostengründen aber alles an der Erledigungsgeschwindigkeit gelegen ist, haben auf dem Boden der Verfassung keinen sicheren Stand. ….“

Neue „Steuerungs“- Modelle in der Justiz
Wird in Deutschland die rechtsprechende Gewalt dem Finanzminister anvertraut?

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Aus dem Text:https://www.gewaltenteilung.de/laenderversagen
„…. Ein unverhohlener Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit ….“
Deutschlandfunk 10.07.2016:
Rechtsstreit zwischen Richter und OLG-Präsidentin

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Aus dem Text:
„…. Erstmals in dieser Deutlichkeit behauptet eine Gerichtschefin, aus der vom Parlament vorgegebenen finanziellen (und damit personellen) Ausstattung der Justiz folge für den einzelnen Richter die konkrete Pflicht, die nach der Geschäftsverteilung rechnerisch anfallenden Verfahren auch tatsächlich zu erledigen ….“
Andreas Müller, Stuttgarter Zeitung vom 15.05.2014:
Beistand für gründlichen Richter

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Aus dem Text:
„…. Die deutsche Justiz wird dazu gedrängt, immer schneller zu urteilen. Ein Richter, der sich dem Druck widersetzt, bekommt richtig Ärger…..“
Constantin van Lijnden
Im Namen der Eile

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„Der frühere Gerichtspräsident stellt sich an die Seite des Juristen, der wegen seiner Arbeitsweise ermahnt wurde“.
Andreas Müller, Stuttgarter Zeitung 09.11.2020
Plädoyer für einen gründlichen Richter