Beschluss Selbstverwaltung

Strukturen einer unabhängigen und demokratischen Justiz


Aus dem Text:

„…. Alle Richterämter sind gleichwertig. Es gibt daher keine Beförderungen mehr ….“

 

Beschluss der Bundesmitgliederversammlung der Neuen Richtervereinigung vom 28.02.2009:

Demokratie statt Hierarchie

 

Das NRV Modell für eine unabhängige selbstverwaltete Justiz in Deutschland

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Alle Richterämter sind gleichwertig. Es gibt daher keine Beförderungen mehr, sondern nur noch gerichtsübergreifende Funktionszuweisungen, z.B. zu anderen Instanzen und anderen Gerichtsbarkeiten. Beurteilungen sind grundsätzlich nicht mehr notwendig; sie kommen allenfalls bei Bewerbungen um einen Funktionswechsel in Betracht. Aus der Gleichwertigkeit der Richterämter folgt die Einheitlichkeit der Richterbesoldung. Die Besoldung muss der Bedeutung des Richteramtes angemessen sein.

I. Die Organisation der Gerichte

DAS PRÄSIDIUM ist zuständig für alle personellen und organisatorischen Fragen des Gerichts
(Grundsatz der Allzuständigkeit).

1. Das bei jedem Gericht vorhandene Präsidium besteht bei Gerichten mit weniger als 10 Richterinnen und Richtern aus ihnen allen, bei den größeren Gerichten aus von der Richterschaft nach den Grundsätzen der Persönlichkeitswahl Gewählten; in diesen Fällen besteht das Präsidium je nach Gerichtsgröße aus 6 – 12 Mitgliedern. Sie werden für vier Jahre gewählt; eine sofortige Wiederwahl ist einmal möglich. Zur Hälfte der ersten Amtszeit scheidet die Hälfte der Mitglieder aus. Sie werden durch Neuwahl ersetzt.

2. Der bzw. die Vorsitzende des Präsidiums ist der Präsident bzw. die Präsidentin. Sie bzw. er wird von allen Richterinnen und Richtern des Gerichts für die Dauer von vier Jahren gewählt; eine sofortige Wiederwahl ist nicht möglich.

3. Sie bzw. er führt die Beschlüsse des Präsidiums aus, leitet die Verwaltung und vertritt das Gericht nach außen, jeweils im Auftrag des Präsidiums.

4. Sie bzw. er beruft mindestens einmal jährlich eine Richterversammlung und eine Versammlung aller am Gericht Tätigen ein (auf Antrag einer best. Anzahl aus dem richterlichen bzw. nicht richterlichen Dienst können auch außerordentliche Versammlungen einberufen werden).

5. Präsidiumssitzungen sind grundsätzlich richteröffentlich, gegebenenfalls gerichtsöffentlich.

II. Die Organisation der Gerichtsbarkeit

Die GERICHTSBARKEITSRÄTE ersetzen auf Landes- und Bundesebene die für die Verwaltung der Gerichte bisher jeweils zuständigen Landes- und Bundesministerien.

1. Sie bestehen zu zwei Dritteln aus von der Richterschaft gewählten richterlichen Mitgliedern (20 Mitglieder) und zu einem Drittel aus vom Parlament gewählten im Rechtsleben erfahrenen Persönlichkeiten, die weder der Legislative noch der Exekutive angehören (10 Mitglieder). Die Gerichtsbarkeiten müssen angemessen vertreten sein.

2. Die Mitglieder werden für vier Jahre gewählt; eine sofortige Wiederwahl ist nicht möglich. Zur Hälfte der ersten Amtszeit scheidet sowohl die Hälfte der von den Richterinnen und Richtern als auch die Hälfte der vom Parlament gewählten Mitglieder aus. Sie werden durch Neuwahl ersetzt.

3. Der Umfang der Freistellung der richterlichen Mitglieder und die weitere Ausgestaltung bleiben im Hinblick auf deren unterschiedliche Strukturen dem Bund und den Ländern überlassen.

4. Die Gerichtsbarkeitsräte übernehmen die übergeordnete und koordinierende Verwaltung, z.B.

die Vorbereitung der Wahl der Richterinnen und Richter und die Unterbreitung der Vorschläge an den Richterwahlausschuss,

die Verwaltung der sachlichen und personellen Ressourcen, insbesondere Funktionszuweisungen und Versetzungen,

die Gestaltung und Verwaltung der Richterfortbildung,

die zentralen Verwaltungsaufgaben (z.B. IT).

5. Die Gerichtsbarkeitsräte verhandeln und verantworten die Haushaltsmittel gegenüber dem Parlament.

6. Sie sind zuständig für das Disziplinarrecht.

7. Bei ihrer Tätigkeit werden die Gerichtsbarkeitsräte von einer ihnen zugeordneten Verwaltung unterstützt, zu der Abordnungen aus der Richterschaft / Rechtspflegerschaft möglich sind.

III. Der Zugang zum Richteramt

RICHTERWAHLAUSCHÜSSE entscheiden in den Ländern (und dem Bund) über die Auswahl und die endgültige Einstellung von Richterinnen und Richtern.

1. Die 15 Mitglieder werden zu zwei Dritteln vom Parlament gewählt; das weitere Drittel wird von den Richtern und Richterinnen aus der Richterschaft gewählt. Wahlen erfolgen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Die Mitgliedschaftsdauer entspricht zeitlich der Dauer der Legislaturperiode.

2. Bei den Wahlen durch das Parlament ist vorzusehen, dass jede im Parlament vertretene Fraktion mit einem Grundmandat vertreten ist.

3. Die vier ständigen richterlichen Mitglieder werden von den Richterinnen und Richtern aller Gerichtsbarkeiten gewählt; die Gerichtsbarkeiten wählen jeweils ein nichtständiges Mitglied.

4. Der Richterwahlausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden bzw. die Vorsitzende.

5. Entscheidungen im Richterwahlausschuss werden mit einfacher Mehrheit getroffen.

IV. Unabhängige Staatsanwaltschaft

Auf die Staatsanwaltschaften sollen die vorliegenden Grundsätze nach Maßgabe des NRV- Plädoyers für eine unabhängige Staatsanwaltschaft entsprechend angewendet werden.

Recklinghausen, 28. Februar 2009

Siehe auch: Das Zwei-Säulen-Modell des Deutschen Richterbundes zur Selbstverwaltung der Justiz

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